Schweizer Einteilung der Kompanien

Zimberliese

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30. März 2021
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Guten Abend aus den Niederlanden!

Ich selbst bin ein deutscher Soldat (Rang: Stabsunteroffizier. Wenn ich mich richtig erkundigt habe wäre es bei euch der Oberwachtmeister. NATO Code OR-5 zur Not) und habe mich hier nur mal registriert da ich eine Frage habe.

Eingesetzt bin ich auf der Vliegbasis Eindhoven, Niederlande. Da ich dort täglich mit Kameraden aus verschiedenen Nationen zu tun habe, hat sich mir eine Frage gestellt.

Wie funktioniert das eigentlich in der Schweiz, einem Land in dem es vier Sprachen gibt.

Von meinen belgischen Kameraden weiß ich, dass es für die französisch sprechenden Belgier sowie für die niederländisch sprechenden Belgier verschiedene Grundausbildungskompanien gibt.

Dort ist es auch so gehalten, dass diese quasi jeweils unter sich bleiben. Wenn man aber mehr erreichen möchte, wird man damit rechnen können auch in die andere "Gruppe" gesteckt zu werden.

So sollen z. B. "Feldwebelanwärter" (Offiziersanwärter bestimmt auch) zusammengesteckt werden und es wird verlangt sich die nötigen Sprachkenntnisse anzueignen.

Nun meine Frage:

Wie ist das in der Schweiz?

Habt ihr bei euch für jede Sprache eine eigene Kompanie oder wie wird das gehandhabt?

Ich hätte natürlich auch googlen können, fand es aber mal ganz interessant dies aus "erster" Hand zu erfahren.

Danke!

 
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Ciao

Es funktioniert nach meiner Erfahrung nach ziemlich so wie du es beschrieben hast. Die Grundausbildungszüge sind meistens, nicht immer, Sprachengetrennt. Nicht immer, da nicht in jeder Funktion genügend Soldaten/Kader einer Sprachregion vorhanden sind, da wird dann Sprachübergreifend zusammengelegt. Kompanien sind dann teils gemischt, aufgeteilt wird "nur" auf Stufe Zug. Aber die Züge bleiben nicht immer unter sich sondern können je nach Übung auch aufgeteilt werden. Das ist aber wohl sehr funktionsspezifisch und da kann ich nur für die Späher sprechen.
In den weiterführenden Schulen habe ich immer die Erfahrung gemacht dass gemischt wird. Ich hatte in der Unteroffiziersschule 2 Sprachen vertreten (Französisch und Deutsch) und in der Offiziersschule waren sogar alle 4 Landessprachen dabei. Dort versucht man sich (mit Händen und Füssen) zu verständigen, meist kann mindestens ein Deutschschweizer gut Französisch oder ein Romands Deutsch. Die rätoromanisch sprechenden Kameraden sprechen immer Deutsch und die italienisch sprechenden fast immer ziemlich gut Deutsch. Man gewöhnt sich daran und man kann seine Sprachkenntnisse ausbauen ;)

In den Einsatzverbänden nach der Grundausbildung kommt es sehr auf deine Funktion, Rang und Wohnort an. Du kannst in einer Einheit mit nur gleichsprachigen sein, gemischt oder als einziger italienisch sprechender in einer deutschschweizer Kompanie. Habe von Kameraden bereits alles gehört.

Pauschal kann man es also nicht beantworten. Funktion, Zeitpunkt der Grundausbildung, Standort der Schule, Wohnort und Rang spielen eine grosse Rolle bei deiner schlussendlichen Einteilung und Erfahrung.

Gruss

Aleator

 
  • Thanks
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Ich kann bestätigen, was Aleator geschrieben hat. Zum Beispiel: ich war der einzige Tessiner/italienisch sprechend in meiner Kompanie, mein Bruder dagegen war in eine „Tessiner“ Artilleriekompanie. In der Militärjustiz sind alle drei Sprachregionen vertreten, die Ausbildung ist aber fast ausschliesslich auf deutsch oder französisch. Es ist ja eine Frage der Zahlen, Tessiner sind meistens unterrepräsentiert und es lohnt sich nicht, extra eine Ausbildung auf Italienisch zu halten. Aber erstaunlicherweise funktioniert alles ziemlich gut.

 
Als Ergänzung vielleicht noch diese Informationen:

  • Gewisse Funktionen werden nicht in allen Sprachen ausgebildet. So werden z.B. keine italienischsprachigen Panzerbesatzungen ausgebildet, weil es zu wenig Armeeangehörige mit italienisch als Muttersprache gibt, um ein Panzerbataillon bilden zu können.
  • In Rätoromanisch werden keine Rekruten ausgebildet, es ist in der Armee keine offizielle Sprache, da es zu wenig Armeeangehörige gibt, die es sprechen. Dank regionalen Verbänden gibt es aber natürlich doch Situationen, in den Rätoromanisch gesprochen wird, das ist selbstverständlich erlaubt.
  • In der Grundausbildung, also Stufe Mannschaft und üblicherweise auch Stufe Gruppenführer, wird angestrebt, dass in der Muttersprache geführt und unterrichtet wird. Es wird also angestrebt, dass die Ausbildungszüge in einer Sprache geführt werden.
  • Je nach Truppengattung werden bereits in der Offiziersschule (OS) die Klassen zweisprachig geführt. Oftmals gibt es "lateinische" Klassen, in denen der Unterricht in Französisch und Italienisch durchgeführt wird. Meine OS wurde in Deutsch und Französisch durchgeführt, d.h. alle Lektionen wurden sowohl in Deutsch wie auch in Französisch durchgeführt - der Klassenlehrer musste also beide Sprachen sprechen können.
  • Spätestens ab Stufe Stabsoffizier wird erwartet, dass eine zweite Landessprache aktiv beherrscht wird. Die Regel in den "grossen" Stäben ist: Chacun parle sa langue. Jeder spricht also in seiner Muttersprache, kann die Beiträge der andern Stabsoffiziere in deren Sprache aber verstehen.
  • Die Berufsunteroffiziere und Berufsoffiziere - welche in unserer Milizarmee einen wichtigen Teil der Ausbildung verantworten, aber nicht in der direkten Rekrutenausbildung tätig sind - sprechen alle mindestens zwei Landessprachen und Englisch, darin werden sie in ihrer Ausbildung unterrichtet.
 
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Eine kleine (allgemeine) Anmerkung: Rätoromanisch ist keine Amtsprache in der Schweiz, es gibt also nur 3 offizielle Sprachen (Rätoromanisch wurde als Landessprache eigentlich rein symbolisch in der Bundesverfassung eingefügt).

 
Hallo!

Vielen lieben Dank für die ausführlichen Erklärungen, somit wurde Licht ins Dunkle gebracht :)

Wünsche euch Frohe Ostern!

 
Korrekt, es steht auch in der BV so. Amtssprachen des Bundes bleiben aber nur das Deutsche, Französische und Italienische. Rätoromanisch ist teilweise Amtssprache, also nur in einem sehr begrenzten Rahmen, was in der Praxis eigentlich  nur symbolisch ist (fun fact: es gibt ein einziges Bundesgerichtsentscheid auf Rätoromanisch: BGE 122 I 93). Bedeutender ist z.B., dass Gesetzestexte nur auf Deutsch, Italienisch und Französich publiziert werden. Aber ist ja nicht relevant im Sinne dieser Diskussion! Sorry :)

 
  • Thanks
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Ich habe dazu noch einen interessanten Flyer der Bundesverwaltung gefunden: https://www.google.ch/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwiyz-Sv99rvAhUCOuwKHbrWDt8QFjAAegQIBhAD&url=https%3A%2F%2Fwww.bk.admin.ch%2Fdam%2Fbk%2Fde%2Fdokumente%2Fsprachdienste%2Fflyer_sprachdienstebverw.pdf.download.pdf%2Fflyer_sprachdienstebverw.pdf&usg=AOvVaw0nCsD9bZHvno_DSO7bFNTh

"Rätoromanisch: eine Klasse für sich Rätoromanisch ist seit 1938 Landessprache und seit 1996 Amtssprache des Bundes im Verkehr mit Personen rätoromanischer Sprache. Diese können sich in allen fünf rätoromanischen Idiomen (Schriftvarianten) an die Bundesbehörden wenden. Die Texte des Bundes werden jedoch ausschliesslich in Rumantsch Grischun verfasst. Die wichtigsten Bundesgesetze werden auch auf Rätoromanisch veröffentlicht. Die rätoromanischen Fassungen haben den Status von Übersetzungen und sind nicht rechtsverbindlich. Die Bundeskanzlei bestimmt nach Anhören der Standeskanzlei des Kantons Graubünden und der interessierten Bundesstellen, welche Texte übersetzt werden. Gegenwärtig liegen unter anderem die Bundesverfassung, das Zivilgesetzbuch, das Strafgesetzbuch und das Sprachengesetz auf Rätoromanisch vor. Als Folge des neuen Sprachengesetzes gibt es seit 2010 in der Bundeskanzlei eine Stelle für die Koordination rätoromanischer Übersetzungen in der Bundesverwaltung."

 
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