Von der Rekrutierung kann ich nichts berichten, aber von der Aushebung:
An einem Wintermorgen im Februar im Jahre des Herrn 1998 bin ich um 08:00 in die Militärsporthalle in Frauenfeld zu meinem ersten Diensttag eingerückt. Das Ziel war klar: Nicht Füsel werden. Und auch nicht Schütze. Und falls Minenwerfer, dann nicht "leichter" sondern "schwerer". Ziemlich alles was ich über das Militär bis dahin wusste, kam von meinen Verwandten. Und die waren fast alle im Inf Rgt 31 eingeteilt, in der ganzen Bandbreite der Infanterie: Füsel, Pal Schütze, Grenadier, Küchenchef usw. Deshalb wusste ich auch, dass die "leichten" Minenwerfer die Grundplatte tragen mussten, während die "schweren" diese im Anhänger mitführen konnten. Auch Mitrailleur oder Pal Schütze war mir vorallem wegen den schweren Waffen ein Begriff. Davor wurde ich gewarnt!
In der Turnhalle waren ca. 200 junge Männer aus meinem Jahrgang. An der Einführungstheorie hat uns der Aushebungsoffizier, Oberst B., den Ablauf erklärt. Und er hat auch gesagt, dass es nicht den ganzen Tag dauern würde, falls nichts schiefläuft. Mit einer Laufnummer versehen wurden dann die verschiedenen Posten absolviert:
- Test kognitives Verständnis (Test 95)
- medizinische Untersuchung
- Sporttest
Beim Test für das kognitive Verständnis ging es darum, zu belegen, dass man Schreiben und Lesen kann, etwas Mathe, Formen zusammenfügen und weitere Aufgaben. Ich glaube, der Test ist immer noch der gleiche. Auf jeden Fall hat man das Ergebnis nicht erfahren. Der Test war wohl auch wirklich nur relevant, wenn man etwas "herausforderndes" werden wollte. Bei mir hat er auf jeden Fall keine Rolle gespielt.
Die medizinische Untersuchung bestand aus Seh-Test, Hör-Test, EKG (also das mit dem Leistenbruch - nicht das mit dem Herz), Impfkontrolle und in-der-Unterhose-vor-dem-Arzt-sich-bücken. Besonders ist mir dabei ein Mit-Auszuhebender in Erinnerung geblieben. Er hatte ein krumme Wirbelsäule und konnte sich partout nicht "gerade" bücken. Auf die Frage des Arztes, ob er Probleme mit dem Rücken hätte, war die Antwort: Nein, wieso?
Der Sporttest bestand aus den Disziplinen Medizinballwurf, Standweitsprung, Stangenklettern und Pendellauf. Gekrönt wurde er von einem 12-Minutenlauf. Dass ich das Sportabzeichen nicht holen würde, war mir von Anfang an klar. Dass es dann aber nur für 240 Punkte gereicht hat, war etwas mager (400 Punkte war das Maximum, Sportabzeichen gab's ab 280?? Punkten).
Anschliessend an die Posten gab es dann das Gespräch mit dem Aushebungsoffizier. In einer langen Schlange warteten wir vor dem Büro. Ich durfte 3 Wunschfunktionen aufschreiben. Da ich zu den Rettungstruppen wollte, habe ich das als erste Funktion aufgeschrieben. Und dann noch zwei weitere Funktionen für die meine Sportwerte sowieso nicht gereicht hätten. Und das Gespräch war dann auch rasch beendet. Zum Abschied gab es eine "Urkunde" über die Aushebung, Eintrag im Dienstbüchlein und einen Gutschein für ein Mittagessen im Restaurant Schweizerhof (Ghackets mit Hörnli). Und so war denn meine Aushebung nach rund 4 Stunden beendet. Es folgte das Mittagessen und ein freier Nachmittag.
Zu meiner Zeit gab es weder psychologische Test noch ausgedehnte medizinische Test. Auch wurden die Kampfstiefel nicht an der Aushebung verteilt sondern die durfte man sich im Zeughaus selber abholen. Beim Sporttest ist aus meiner Sicht ausser dem 12-Minutenlauf auch alles anders (sogar das Medizinballwerfen wurde damals anders gemacht, nämlich mit Anlauf). Die Aushebung war also vom Zeitaufwand her viel effizienter als heute. Aber dafür wurden in den ersten drei RS Wochen massiv viele Soldaten "ausgesiebt". Ich habe in einem Zug mit 44 AdA gestartet und in der 4. Woche waren es dann noch ca. 28 - 30 Rekruten. Die heutige Rekrutierung ist aus meiner Sicht also deutlich besser!